Die Geschichte von Sorica und der Umgebung

Die ersten Siedlungen in den steilen Hängen und Überhängen der engen Täler des oberen Teils des Tals Selška dolina entstanden im späten Mittelalter, genauer gesagt am Ende des 13. Jahrhunderts, was auch durch das archäologische Bild und die bisher gefundenen archäologischen Einzelfunde in Ratitovec und im Gebiet Zgornji Povden bestätigt wird, da in der Gegend einzelne Fragmente von Keramik und Holzkohle gefunden wurden, jedoch noch keine Dauersiedlungen vorweisen.

Die ersten Siedler in der Gegend waren die Tiroler aus Innichen und der Umgebung des Tals Pustriška dolina in Südtirol, die vom damaligen Freisinger Bischof Emiho, dem Landesherrn von Loka, an diesen bis dahin unbewohnten Sonnenhängen der Julischen Alpen bzw. genauer gesagt unter dem Gipfel des Ratitovec angesiedelt wurden. Vor der Tiroler Besiedlung, ersichtlich aus den frühmittelalterlichen Urkunden aus dem Jahr 973, wurden für die Gebiete des oberen Talteils einige Ortsbezeichnungen verwendet, wie zum Beispiel: die Alm “planina Pečana” ( lat. Alpem Bosangam ), das Gebiet von Sorica (lat. Zouriza ) und der Fluss Sora (lat. Zoura ), jedoch bezieht sich keiner der Namen auf den Namen der Siedlung.

Bergdörfer sowie Anlagen innerhalb der Dörfer entstanden Ende des 13. Jahrhunderts, worüber die Niederschriften im freising-loka Urbarium aus dem Jahr 1291 zeugen, wo es heißt:

»In der Zaevritz sunt 20 huebe culte e seruientes schillingum, harreht et steuram tantum. Ex hiis preco, qui eisdem pro tempore prefuerit habet unam racione sui officii « (Transkription des Stadtplaners, s. Abbildung 1 unten ). Aus dem aufgeführten kann man entnehmen, dass es im Gebiet von Sorica schon 1291 bereits 20 bewirtschafteten Hubs (Bauernhöfe) gab, die auch bereits dienen.

Aus anderen Aufzeichnungen in Archivquellen lässt sich schließen, dass der Zeitraum von der Gründung eines Bauernhofes bis zum Zeitpunkt seiner Inbetriebnahme im Durchschnitt mehrere Jahre betrug, so dass die spätere Quelle aus dem 17. Jahrhundert, genauer gesat eine Notiz des Bischofs Hren aus Ljubljana aus dem Jahr 1609 folgendes belegt:

»Anno 1283 Emicho, Episcopus Frisingensis, traduxit colonias, ex valle Pustertal, in viciniam Locopolis, et ibi constituit pagos Feuchtig et Zayrn, ubi adhuc hodie germanicam linguam callent Coloni« (Blaznik, 1928), hier steht, dass im Jahr 1283 der Freisinger Bischof Emiho, der Besitzer der Gebiete aus dem Tal Pustriška dolina, in der Nähe von Loka in der Umgebung von Sorica, Siedlungen gründete, wo die Einwohner noch die germanische Sprache sprechen.

Die erwähnte Sekundärquelle bestätigt somit die erhaltenen Daten des Urbariums und definiert eindeutig den Zeitpunkt der Besiedlung.

Bauernhöfe entstanden ursprüglich im Gebiet von Spodnja und Zgornja Sorica (deut. Zum Nidern) sowie Spodnje Danje (deut. Niderenhüben). Mit Neuansiedlungen und inneren Ausweitungen der Bevölkerung entstanden weitere Bergdörfer und Weiler wie: Zgornje Danje (deut. Oberenhüben), V dolini (Im Thall), Trojar (Im Troy), Zabrdo (deut. Vndrenhoheneck ), Torka (deut. Thorek), Ravne (deut. Ebendlein), Michtal (deut. Michaelstall), Zali Log (deut. Stuben) und Prtovč(deut. Prietag ) (s. Abbildungen 2–5 ).

Die primären Siedlungsgebiete waren sowohl Zgornja als auch Spodnja Sorica sowie Spodnje Danje, die die Kerngebiete eines größeren Territoriums der sogenannten Soriška župa darstellten (lat. Officium Zaevritz).

Im Laufe der Jahrhunderte nach der Besiedlung wuchsen die Dörfer nur langsam, wobei die primären Bauernhöfe erhalten blieben und neben ihnen halbe und drittel Bauernhöfe sowie einzelne Kate entstanden.

Das Bevölkerungswachstum war konstant, wobei der Bevölkerungsüberschuss in größerem Umfang in die nahegelegenen Gebiete Podlonka, Davče, Podporezna und Zali Log und später mit der Entwicklung der Eisenhütten auch nach Železniki umsiedelte. Außerhalb der Grenzen des Tals Selška dolina besiedelten die Einwohner auch das Gebiet von Nemški Rovt, das Gebiet von Bohinj und das Gebiet von Petrovo Brdo, an der Grenze zur damaligen Region Goriška.

Die Bewohner der Berg- und Seitentäler rund um Innichen erhielten von den bayerischen Besitzern der Gutshöfe von Sorica Land zur Bewirtschaftung des bisher unbewohnten Gebietes, da jene aufgrund der ähnlichen Lebensbedingungen und Bodenbearbeitungstechniken am Steilhang am fähigsten waren, neue Dorfgemeinschaften gestalten zu können. „Die Geographie des Pustertals ist der dem Sorica Gebiet sehr ähnlich. Die absolute Höhe (Innichen 1166 m, Toblach 1210 m) entspricht der absoluten Höhe des Dorfes Podratitovo“ (Blaznik 1928, 48), wobei diesr auch Einfluss auf das ähnliche Klima mit kalten Wintern und mäßig warmen Sommern hat, und beide Täler auch in Ost-West-Richtung liegen. Aus diesem Grund ist auch der Unterschied zwischen Sonnen- und Schattenseite bemerkbar, so dass verschiedene Kulturpflanzen sowohl im Tal Selška dolina als auch im Tal Pustriška dolina bis zu einer Höhe von 1200 Metern wachsen.

So übertrug der Landesherr den Bewohnern seiner heimatlichen Lehnsgüter das Gebiet von Sorica, und aus den Urbarien für das Jahr 1305 und 1316 geht hervor, dass unter der Herrschaft Innichen und damit unter das Gebiet der Freisinger Bischöfe in dieser Zeit auch das Gebiet entlang des mittleren Teils des Tals Pustriška dolina zwischen Abfaltersbach und Welsberg sowie das Gebiet der Nachbartäler Sexten, Kartitsch, Villgraten und Gsies gehörte. Die Wurzeln der Vorfahren von Sorica greifen somit auf den zentralen Teil des Freisinger Lehnsgutes in Südtirol zurück, also auf das Gebiet einzelner Dörfer und Weiler in unmittelbarer Nähe des damaligen Innichenplatzes und des Dorfes Vierschach ( slow. Vršič ) im Tal Pustriška dolina und an die Sonnenhängen des Seitentals Sexten, an das noch heute Jahrhunderte alte und erhaltene Familien- und Bauernhofnamen erinnern, wie: Gasser, Gaiger, Trojar, Kofler, Pfaifer, Frolich, Thaller (Toler), Pintar (Binatr) sowie andere, die sich bis heute im Raum Innichen und Sorica erhalten haben.

Nachkommen von größeren Bauern, die mangels geeigneter Flächen für die Erweiterung im Tal Pustiška dolina nicht mehr in der Lage waren, ihre (neuen) Bauernhöfe auszubauen, begannen diese im Gebiet von Sorica und den restlichen Teilen der Dörfer von Podratitovec aufzubauen.

Im Laufe der Jahrhunderte pflegten die Bewohner von Sorica auch enge Verbindungen und Kontakte zu Innichen, wo sie in der Vergangenheit jedes Jahr zu ihrer Stifts- bzw. Klosterkirche pilgerten, wo sie eine große Wachskerze und einen Geldablass, genannt “Kafergeld” spendeten, damit eine Messe gelesen wurde, mit der Bitte zum Schutz ihre Felder. Auch heute pflegen die Bewohner noch gute Beziehungen zu Innichen in Form von jährlichen Kulturbesuchen.

Die hiesigen Bewohner bewahren noch heute weitgehend ihre über 700 Jahre alte kulturelle Tradition ihrer Vorfahren, die in dieser Gegend in Form von alten Bräuchen, architektonischen Besonderheiten, Feldnamen, Kulturlandschaft und spezifischer Sprache vorhanden ist, die hier noch heute erhalten und gesprochen wird.


Vorbereitet von Dr. Miha Markelj, im Dez. 2020.


Historische Meilensteine:

  • Erkundete archäologische Stätten »Zgornji Povden« und »Pečana«.
  • Aus dem Juni des Jahresa 973ist eine erhaltene Schenkungsurkunde des deutschen Kaisers Otto II. an den Bischof Abraham von Freising erhalten, in der auch der erste geografische Name für das Gebiet Sorica erwähnt werden.
  • Die Notiz des Bischofs Hren aus Ljubljana aus dem Jahr 1283gibt uns Auskunft über die Besiedlung der Tiroler und die Gründung von Sorica.
  • Die erste schriftliche Erwähnung der ältesten Bauernhöfe im Gebiet von Sorica geht aus dem Jahr 1291hervor, die in der Quelle des Freisinger Loka-Urbariums gefunden wurde.
  • Im Jahr 1655entsteht das älteste erhaltene Standesregister der Pfarrei Sorica.
  • Schon mehr als 700 Jahre ist die Verbindung zwischen Sorica und Innichen erhalten.
  • Kafergeld ist die Bezeichnung für die Abgabe in Sorica für die Stiftskirche in Innichen.
  • Zu Nidrn ist der älteste Name für Sorica, der in einer Urkunde aus dem Jahr 1492 gefunden wurde.
  • Der Sorica-Dialekt stellt mit ihrer Grammatik und ihrem Wortschatz eine einzigartige Sprache dar, die sich in der Gegend von Sorica entwickelt hat und noch heute in Form des sogenannten “Danjar-Dialekts” erhalten ist.
  • Im Dialekt verwenden die Bewohner den Namen für Sorica Tsare.
  • Mit schönen Grüßen aus Sorica im Dialekt – an šeen grus aus de Tsare.

Empfehlung zum Weiterlesen

Volkstümliche-, fach- und wissenschaftliche Literatur der Geschichte von Sorica:

  • Blaznik, Pavle. 1928. Kolonizacija Selške doline (Inavguration der Doktordisertation) Ljubljana: Leonova družba Ljubljana.
  • Blaznik, Pavle. 1973a. Škofja Loka in Loško gospostvo. Škofja Loka: Muzejsko društvo Škofja Loka.
  • Gasser, Marija. 2014. Znamenja, kapelice, razpela v vaseh pod Ratitovcem. Železne niti 11, S. 183-197. 183-197.
  • Gasser, Marija. 2015. Vasi pod Ratitovcem skozi čas = Drfe under Ratitovc durh’t cajt. samozaložba Marija Gasser
  • Gasser, Marija. 2016. Cerkev sv. Nikolaja v Sorici. Železne niti 13, S. 167–184. 167-184.
  • Kejžar, Ivan. 2002. Soriška ledinska imena. Loški razgledi 49: 143–183.
  • Kejžar, Ivan. 2004. »Sorica, njene vode in življenje ob njih«. Loški razgledi 51: 155–206.
  • Kejžar, Ivan. 2008. Grohar in soriška dediščina. Škofja Loka: samozaložba Ivan Kejžar.
  • Kejžar, Ivan. 2013. Atlas soriška ledinska imena. Škofja Loka: Eigenverlag von Ivan Kejžar.
  • Kranzmayer, Eberhad in Lessiak, Primus. 1944. Die deutsche Mundart von Zarz in Oberkrain. A, Grammatik, Weimar : H. Böhlau Nachfolger.
  • Kranzmayer, Eberhad und Lessiak, Primus. 1983. Wörterbuch der deutschen Sprachinselmundart von Zarz/Sorica und Deutschrut/Rut in Jugoslawien. Klagenfurt: Verlag des Geschichtsvereines für Kärnten.
  • Marin, Anja. 2015. Hišna imena v Zgornji in Spodnji Sorici. Masterarbeit. Maribor: Universität Maribor, Philosophische Fakultät.
  • Markelj, Miha. 2009. Tirolska arhitekturna in urbanistična dediščina v vaseh zgornje Selške doline: razvoj arhitekture pod Ratitovcem ter tipološka umestitev objektov v slovenski prostor. Diplomarbeit. Koper: Universität Primorska, Fakultät für Geisteswissenschaften Koper.
  • Markelj, Miha. 2011. Tirolska naselbina pod vrhovi Ratitovca iz 14. stoletja: Michtal, Michalestall, Zali Log. Masterarbeit. Koper: Universität Primorska, Fakultät für Geisteswissenschaften Koper.
  • Markelj, Miha. 2012. Selško jezero: raziskava o obstoju srednjeveškega jezera v zgornjem delu Selške doline. Seminararbeit. Koper: Universität Primorska, Fakultät für Geisteswissenschaften Koper (unveröffentlichte Arbeit).
  • Markelj, Miha. 2013. Arheološka podoba Selške doline: pomembnejša najdišča in najdbe Selške doline med halštatom in visokim srednjim vekom. Železne niti 10: 43–76.
  • Markelj, Miha. 2013. »Tirolska skupnost zgornjega dela Selške doline v poznosrednjeveški in novoveški literaturi«. Seminarska naloga. Koper: Univerza na Primorskem, Fakulteta za humanistične študije Koper (neobjavljeno delo).
  • Markelj, Miha. 2014. »Stara Krajevna imena Selške doline, zgornji del doline nekdanji urad Sorica in vas Zali Log«. Železne niti 11: 17–34.
  • Markelj, Miha. 2015. Measuring Tenant and Land Unite Continuity among the Tyrolean Settlers in the Upper Part of the Selščica Valley, 5th Interdisciplinary Doctoral Conference Proceedings Book, in print.
  • Markelj, Miha. 2019. Višinska kolonizacija zgornjega dela Selške doline : primer razvoja posestne in populacijska strukture tirolske naselitve iz konca 13. stoletja : doktorska disertacija. Koper: Univerza na Primorskem, Fakulteta za humanistične študije Koper.
  • Markelj, Miha. 2020. Tiroler Siedlungen im nordwestlichen Slowenien Die Geschichte der mehrere Jahrhunderte währenden Verbindungen zwischen Innichen und dem Gebiet Sorica (Zarz). Der Schlern, S. 32–54.
  • Markelj, Miha, Jensterle, Boris in Hoffman, Andrew D. Nekdanje Soriško narečje – danjarska govorica, »drfaška špraha«: zgodovinski oris nastanka in kasnejši razvoj. Železne niti 17, S. 181–196. 181-196.